Felix Bohr: Hitlers treues Volk
Sind wir mal ehrlich? Nicht viele haben sich mit der Vergangenheit ihrer Familie im 20. Jahrhundert auseinandergesetzt. Ich selbst habe irgendwie immer ein mulmiges Gefühl, wenn ich Ausstellungen über NS Verbrechen anschaue - was, wenn ich in einem der Soldaten meinen Opa wiederkenne?
Und in der heutigen Zeit muss man sich auch immer wieder fragen: Welche Mechanismen haben dazu geführt, dass Hitler überhaupt an seine Position kommen konnte? Warum wurde er so glühend verehrt, dass Menschen in seinem Namen solche furchtbaren Dinge taten.
Felix Bohr hat sich mit diesem treuen Volk Hitlers auseinandergesetzt - auch um daraus für unsere heutige Zeit Schlüsse zu ziehen.
Hitlers treues Volk
Daten
Autor: Felix Bohr
Verlag: DVA
ISBN: 9783421070456
Preis: 24€
Gebundene Ausgabe, 253 Seiten
Inhalt
Wer waren die Menschen, die damals lebten? Woher kam die Loyalität ihm gegenüber, obwohl er doch schon 1923 in seinem Buch keinen Hehl aus Judenhass und Kriegsplänen gemacht hat?
Diese Fragen stellt Felix Bohr unterschiedlichen Historikern, die diese auf ihre ganz eigene Art und Weise beantworten. So rief etwa ein US Soziologe schon während der Diktatur dazu auf, einen Aufsatz darüber zu schreiben, warum man der NS Ideologie folgt - und das wurde durch das Regime unterstützt. Und so kam es zu einer ganz speziellen Quellensammlung, die vor allem zeigt, wie die unterschiedlichsten Themen in den Nationalsozialismus führten.
Besonders faszinierend fand ich, dass der Probelauf für die Diktatur ausgerechnet in Thüringen stattfand, in dessen Landesparlament die NSDAP relativ früh an Macht und Einfluss gewann - Parallelität zur heutigen Zeit werden zwar nicht thematisiert, sind aber irgendwie offensichtlich.
Es geht aber auch um die Offensichtlichen Themen wie die Hitlerjugend, die eine Generation formte, die uneingeschränkt hinter der Ideologie stand - oder aber auch Dinge wie "Kraft durch Freude", die Menschen an die Partei band oder die Enteignung der Juden, die den "konformen" Menschen zu einem ungeahnten Reichtum verhalf.
Es werden aber auch Tagebücher von Soldaten und von Widerständlern analysiert.
Fazit
Warum sollte man sich mit den "alten Geschichten" auseinandersetzen? Ganz einfach: Damit man die alten Fehler nicht wiederholt. Und wenn man sich mit diversen Aussagen gewisser Parteien auseinandersetzt, muss man feststellen, dass man in so vielen Dingen gar nicht mehr so weit weg von einem zweiten 1933 ist...
Das Volk war damals wie in einer Art Rausch - in einer Art blindem Wahn, dass nur Adolf Hitler sie von Arbeitslosigkeit befreien kann. Gleichzeitig wurden Gegner mithilfe der SA derartig eingeschüchtert, dass viele entweder flohen oder in einer Schockstarre waren. Und gerade diese Schockstarre gilt es zu vermeiden...
Beantwortet das Buch die Frage nach dem "Warum?" allumfassend? Vermutlich nicht. Denn es gibt am Ende halt doch so viele individuelle Geschichten. Und daher lohnt es sich vielleicht doch, sich individuell mit Opas Geschichte auseinanderzusetzen und mal in den Archiven zu wühlen.
Was es aber zeigt ist: Es gab ein großes "Wir gegen Die" - und das haben wir heute eben leider wieder. Es gibt grade in den letzten Wochen ein Klima der Angst, aus der nur der große politische Erlöser (vermutlich wisst ihr, was ich meine) retten kann. Es bleibt zu hoffen, dass es genügend Widerstand dagegen geben wird.
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